Kolbermoor - Ein Pilotprojekt hat die Freiwillige Feuerwehr Kolbermoor
in Angriff genommen: Im gesamten Stadtgebiet sollen sämtliche Fotovoltaikanlagen
erfasst und registriert werden, um im Brandfall entsprechend reagieren
zu können.
Über das Geo-Portal hat die Feuerwehr alle Infos bereit (gelb Gasleitungen),
künftig auch zu Fotovoltaikanlagen. Denn: Insbesondere die Strom
produzierenden Anlagen auf den Dächern stellen für die Feuerwehren
große Gefahren dar.
Hunderte Fotovoltaikanlagen werden im Stadtgebiet von Kolbermoor vermutet
- diese zu erfassen und die Datenbank dann auch weiter zu pflegen, stellt
eine aufwendige Aufgabe dar. Doch der will sich die Feuerwehr Kolbermoor
stellen - die Basis dazu legt derzeit eine Studentin, die im Zuge ihrer
Diplomarbeit das System erarbeitet und erste Daten einspeist.
"Klinken putzen" heißt es dieser Tage für Agnes
Resch aus Oberaudorf, die an der Universität Würzburg Vermessung
und Geoinformation studiert: Mit einem Erfassungsbogen "bewaffnet",
klappert sie das Stadtgebiet von Kolbermoor ab, um die mit Photovoltaikanlagen
bestückten Gebäude zu ermitteln - und um die Daten dann in das
von der Feuerwehr genutzte Geo-Portal einzugeben. Darin sind, erstellt
vom Geokompetenzzentrum Kolbermoor, nicht nur Straßenkarten und
Luftbilder abrufbar, sondern viele weitere einsatzrelevante Daten wie
der Verlauf von Gas- und Kanalleitungen, die sich je nach Bedarf aufzeigen
lassen, aber auch so genannte Sonderobjekte wie Schulen inklusive der
Schüler- und Klassenzahlen, Kindergärten und Altenheime. "Für
uns im Einsatzfall eine große Erleichterung", ist Kommandant
Richard Schrank voll des Lobes über das Datensystem - das nun um
den Bereich Fotovoltaikanlagen erweitert werden soll. "Damit wir
schon auf dem Weg zum Einsatz wissen, dort gibt es eine Anlage auf dem
Dach, und wir entsprechend reagieren können", so der Kommandant.
Denn: Gerade im Brandfall sei eine Fotovoltaikanlage mit Gefahren verbunden,
betont Schrank - durch den Strom, den sie produziert. "Den müssen
wir schnellstmöglich abstellen können, ansonsten reicht schon
das Licht der Scheinwerfer nachts, dass weiter produziert wird",
führte er aus. Noch dazu, so Schrank, handle es sich bei diesen Anlagen
um Gleichstrom, der aufgrund seiner Spannung viel gefährlicher sei
als Wechselstrom: "Die Gefahr eines Überschlags auf Personen
ist hier wesentlich höher", weiß der Kommandant. Deshalb
würden in dem Datenbogen nicht nur die Anlagen an sich erfasst, sondern
auch, wo der so genannte Wechselrichter zu finden ist, der "Schaltkasten"
zum Abtrennen der Stromproduktion - oder eben der Notschalter, der bei
den neueren Anlagen bereits im Dachbereich angebracht ist. Mit eben diesen
Informationen bestückt, kann dann im Einsatzfall ein Brand schneller
und gefahrloser bekämpft werden.
Zwar überrascht, aber zumeist offen und interessiert würden
die Kolbermoorer Bürger auf die Datenerfassung reagieren, so die
Erfahrung von Agnes Resch. "Die meisten sind sehr nett, ich hatte
es aber auch schon, dass mir jemand den Zettel nicht direkt mitgeben wollte,
sondern ihn lieber selbst bei der Feuerwehr ablieferte", erinnert
sich die Studentin, die in den nächsten Tagen weitere "Hausbesuche"
plant. Wer selbst aktiv werden will, kann den Erfassungsbogen direkt bei
der Feuerwehr über E-Mail info@ff-kolbermoor.de
oder Telefon 08031/91221 anfordern. Die Daten werden dann von Seiten der
Feuerwehr und Agnes Resch ins System eingepflegt. Unterstützung erhalten
die Feuerwehr und die Studentin zudem von der Kolbermoorer Firma Ibeco-Solar,
die ihre Kunden ebenso informieren und künftig bei Neuanlagen den
Erfassungsbogen der Feuerwehr gleich "mitliefern" will, wie
Geschäftsführer Klaus Bernhardt versicherte.
Nicht nur um Fotovoltaikanlagen will Agnes Resch die Datenbank der Feuerwehr
vervollständigen, sie widmet sich auch einem zweiten Aspekt: den
Starkstromleitungen. Verlauf und Standorte der Überlandleitungen
sind bislang ebenfalls nicht im Geo-Portal verzeichnet, könnten Schrank
zufolge aber insbesondere bei Hubschraubereinsätzen, bei Unwettern
und Hochwasser durchaus von Bedeutung sein. Für die Studentin wird
dies ebenfalls mit Fußmärschen verbunden sein: "Anhand
der Luftbilder sehe ich zwar die Position, muss dann aber vor Ort die
Vermessung durchführen und die Koordinaten ins System eingeben",
so die Oberaudorferin, die sich in Kürze mit Messgerät und Stativ
bestückt auf den Weg machen wird - "aber erst nach der Erntezeit,
damit ich möglichst keinen Flurschaden anrichte", erklärte
sie.
Bis Mitte November will Agnes Resch ihre Diplomarbeit abgeschlossen haben
- mit dann zumindest 100 erfassten Fotovoltaikanlagen, um auch repräsentativ
zu sein. Die weiteren bekannten und noch unbekannten Anlagenstandorte
sollen dann von der Feuerwehr ermittelt und eingespeist werden, ebenso
die Datenpflege durchführen - "was wir auf jeden Fall machen
werden, wir aktualisieren auch so jede Woche unser System, beispielsweise
um Baustellen oder Straßensperrungen", betont der Kommandant,
der den "Anschub" des Projektes durch Agnes Resch sehr begrüßt:
"Eine wichtige Arbeit für uns."
Angetan von dem Projekt ist auch Kreisbrandrat Sebastian Ruhsamer: "Eine
Riesenarbeit, die es aber auf jeden Fall Wert ist." Insbesondere
in dicht besiedelten Gebieten erachtet er die Datenerfassung als sinnvoll
- "in ländlichen Regionen ist eher bekannt, wo derartige Anlagen
montiert sind." Ein ähnliches Projekt ist bereits im Raum Passau
angelaufen, wo die Bürger ihre Anlagen auf einer Internetplattform
registrieren lassen können (PV-Anlagen-Atlas). Die Feuerwehren haben
darauf Zugriff.
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