KFV-Rosenheim
  Management von Strahlenunfallereignissen - Strahlenschutz-Sonderausbildung im HelmholtzZentrum in München



Die Gefahrgutausbildung im Landkreis Rosenheim feierte 2014 ihr 20 jähriges Bestehen und es war im Jubiläumsjahr eine Sonderausbildung „Strahlenschutz“ geplant, die leider aus betrieblichen Gründen (Helmholtz Zentrum München) auf 2015 verschoben werden musste. In den letzten zwei Jahrzehnten konnten viele Strahlenschutz-Standortschulungen, Strahlenschutz- Einsatzübungen, Vorträge etc. angeboten werden. Auch die Feuerwehrschulen haben im ersten Jahrzehnt viele Lehrgänge an den Schulen angeboten, die leider seit einigen Jahren sehr gekürzt wurden. Ein Grund ist die Änderung der Fachbehörden mit ihren Zuständigkeiten im Strahlenschutzbereich, z.B. Änderung der Strahlenschutzverordnung, sowie die Einführung der FwDV 500. Vor einigen Tagen konnte unter der Führung von Kreisbrandrat Richard Schrank, Gefahrgutbereichsleiter Christian Hof und mit den derzeitigen Strahlenschutzfeuerwehren (FW Bad Aibling, FW Bernau, FW Prien) ein besonderes einmaliges Ausbildungsangebot beim Deutschen Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt – Helmholtz Zentrum München durchgeführt werden.

Das Regionale Strahlenschutzzentrum (RSZ) Neuherberg gehört zu den wenigen Standorten in ganz Deutschland der eine Expertise auf dem Gebiet des Strahlenunfallmanagements hat. Derzeit beschäftigt die Helmholtz-Gemeinschaft bundesweit ca. 18 Forschungszentren mit über 250 Instituten. An den Standorten werden verschiedene Forschungen z.B. im Bereich der Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr sowie Strahlenschutzbereich getätigt. Im Bereich der bayerischen Feuerwehren, werden durch die Auswertestelle des Helmholtz Zentrums München die Strahlenschutzfilmplaketten jährlich ausgewertet, sowie Prüfstrahler für verschiedenen Messgeräte mit geprüft.


Mit großem Engagement und Einsatz sorgt die seit 2005 staatlich anerkannte Werkfeuerwehr auf diesem Campus in Neuherberg für die Sicherheit der Mitarbeiter/innen. Sie übernimmt dabei die Aufgaben im abwehrenden Brandschutz, technische Hilfeleistungen sowie den innerbetrieblichen Sanitätsdienst. In der Werkfeuerwehr gibt es drei hauptamtliche Kräfte und ca. 40 freiwillige Feuerwehr- Einsatzkräfte. Der Leiter der Werkfeuerwehr (HMGU), Herr Bernd Goldschmidt, arbeitet eng mit den verschiedenen Fachabteilungen im Campus Neuherberg zusammen.


Dr. med. Werner Kirchinger , Leiter Strahlenschutzzentrum Neuherberg

Bernd Goldschmidt, Leiter Werkfeuerwehr

Aus dem Institut für Strahlenschutz am Campus Neuherberg kommt auch Herr Dr. med. Werner Kirchinger. Er ist der Leiter des Regionalen Strahlenschutzzentrums (RSZ) Neuherberg und zugleich Leiter der Arbeitsgruppe Fortbildung und zuständiger Betriebs- und Feuerwehrarzt. Herr Dr. Kirchinger „lebt“ für seinen Beruf, aber das „Herz“ schlägt auch für die Rettungskräfte und besonders für die Feuerwehr. Er gehört zu den wenigen Fachspeziallisten „Strahlenschutzärzten“ in Bayern bzw. in ganz Deutschland und konnte über viele Jahre große Einsatzerfahrungen gewinnen. Bei Problemen und schwierigen Einsatzlagen wird er auch außerhalb der „Einsatzgrenzen des Campus Neuherberg“ und mit seinem „Teamkollegen“ dem Leiter der Werkfeuerwehr Bernd Goldschmidt eingesetzt.


In vielen Arbeitsstunden arbeiteten Dr. Werner Kirchinger, Bernd Goldschmidt und Christian Hof ein umfangreiches, praxisnahes Schulungsprogramm eigens für die Landkreisfeuerwehren aus. Dabei stand immer im Vordergrund, sowenig Theorie wie nötig und möglichst viele Praxisanwendungen „aus der Praxis für die Praxis“. Am Ausbildungstag waren insgesamt sechs Fachspezialisten vor Ort. Sie standen „Rede und Antwort“ in allen Bereichen und so konnten viele neue Erfahrungen gewonnen werden. Besonders die hohe Fachqualität der Vorträge, die Erklärungen in den praktischen Teilen und die vielen Einzelgespräche beeindruckten die Teilnehmer. Bei den Gesprächen konnte jeder feststellen, dass die Aussagen „Hand und Fuß“ haben und nicht irgendwo abgeleitet wurden. Nach einer kurzen Begrüßung und Vorstellungsrunde wurde das Regionale Strahlenschutzzentrum (RSZ) Neuherberg vorgestellt. Vor dem Ausbildungsprogramm wurde ein kleiner Rundgang durch den Campus mit den Fachausbildern angeboten um die Firmentätigkeiten mit den vielen Besonderheiten auch aus feuerwehrtaktischer Sicht kennen zu lernen.

Im Anschluss referierte Herrn Dr. Werner Kirchinger in einem Fachvortrag über die Grundprobleme, Einsatzgefahren im Strahlenschutzeinsatz usw.. Anschließend wurden die drei Strahlenschutzfeuerwehren in Gruppen aufgeteilt, damit sie mit ihren eigenen Messgeräten und mit ihrer örtlichen Einsatztaktik die Stationsausbildungen abarbeiten konnten.


Stationsausbildung 1:

Feuerwehreinsatzplan, Registrierung „Strahlenschutzeinsatz“ von Personen und Geräten, Feststellung der Strahlenart, Verwendung und richtige Handhabung von Messgeräten.


Stationsausbildung 2:

Darstellung von Strahlungsarten in einer Nebelkammer, Ionisierende Strahlung am Beispiel von natürlichen Uran-Glasuren im Glas- bzw. Alltagsbereich, Aufspüren von Strahlern mit verschiedenen Messgeräten, Feststellung der Strahlungsart, Handhabung von verschiedenen Messgeräten, häufige Messfehler und „Fallstricke“.




Stationsausbildung 3:
Kleine Einsatzübung im Labor. „Mitarbeiterin“ (Modellpuppe) mit einer unbekannten radioaktiven Substanz vermutlich im Armbereich kontaminiert. Dabei galt der Schwerpunkt dem richtigen Erkunden durch den Gruppenführer sowie die Verwendung der richtigen Schutzvorkehrungen und dem Vorgehen des Angriffstrupps. Die Erstmaßnahmen an der Person standen an erster Stelle sowie im Anschluss die Beseitig ung der Gefahr. Das „Entkleiden“ Dekonplatz- Bereich stellte eine weitere Herausforderung dar.


Bei allen Ausbildungsstandorten gilt die Sicherheit der Einsatzkräfte als oberstes Gebot. „Sicherheit vor Schnelligkeit“. Alle wichtigen Informationen sind vor dem Einsatzbeginn zu hinterfragen. Auch einem „Umdenken in den Feuerwehren über die notwendigen Zuständigkeiten“ sollten sich die Einsatzleitungen immer mehr stellen. Die Menschenrettung und die Ausbreitung der Kontamination zu verhindern bzw. einzugrenzen ist und bleibt immer die Hauptzuständigkeit der Feuerwehren.

Ist diese Tätigkeit abgeschlossen, müssen die Feuerwehren sich die Fragen stellen: „Was können wir und was müssen wir noch leisten?“ oder sind diese weiteren Maßnahmen (z. B Aufräumen der Einsatzstelle- Strahlenschutzeinsatz, Bergen von Strahlerquellen) Aufgaben von Fachfirmen oder Landesbehörden (LFU)? Interessant waren auch die verschiedenen Vorgehensweisen und Ausrüstungen der Strahlenschutzfeuerwehren bei den Stationsausbildungen. Dabei konnten die Fachexperten interessante Unterschiede feststellen und ihre Erfahrungen bei den Stationsgesprächen mitteilen.


Im Abschlussgespräch konnten noch einige Anregungen übermittelt werden. Ein wichtiger Punkt ist unter anderem, dass das Helmholtz Zentrum München mit dem Betriebs- und Feuerwehrarzt Dr. Kirchinger und dem Leiter der Werkfeuerwehr Bernd Goldschmidt ähnlich wie das Informations- und Hilfeleistungssystem TUIS-Stufenkonzept ihre Hilfe im Strahlenschutzbereich anbieten.

Stufe 1 Telefonische Beratung

Stufe 2 Telefonische Beratung und oder Fachberater (Strahlenschutzarzt, SSB) vor Ort

Stufe 3 wie Stufe 1 und 2, zusätzlich mit Werkfeuerwehr, Spezialfahrzeuge

Dieser Service ist geboten 24 Std. an 365 Tagen. Die Telefonnummer ist bei der Leitstelle Rosenheim (ILS) hinterlegt.

Das Helmholtz Zentrum München verfügt über spezielle Transportfahrzeuge und Strahlenschutz-Transportgefäße und Behälter die angefordert werden können. Dabei wird das radioaktive Material auch zwischengelagert bzw. sichergestellt und die benötigten Papiere erstellt. Bei größeren Einsätzen können verschiedene Strahlenschutzmessgeräte, Spezialmessgeräte- Strahlenschutz usw. zur Verfügung gestellt werden. Z.B. ein Spezialwassersauger für Kontaminationen der Haut durch radioaktive Flüssigkeiten oder Stäube (Medicleaner) . Dieser wird z.B. in Bayern nur in Gauting, Hof und in Neuherberg bereitgehalten.


Strahlenexponierte Personen, bei denen der Verdacht auf Inkorporation besteht, könnten falls die Methode geeignet ist, mit dem Ganzkörperzähler des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) ausgemessen und untersucht werden und in eine Spezialabteilung für Strahlenverunfallte Patienten z.B. Krankenhaus München- Schwabing (RSZ KH Mü.Schwabing) gebracht werden (gilt auch für Einsatzkräfte). Auf jeden Fall sollten diese Angebote im Ernstfall genutzt werden.

 

Eine Anregung von den Fachexperten war, sich für den Gefahrgutbereich bzw. Strahlenschutzbereich einige kleine preiswerte Gegenstände und Artikel wie z.B. Überschuhe, Überhandschuhe, Gummistiefel, Folien, Reinigungs- und Dekontaminationsmittel an zu schaffen. Ebenso wären in diesen Strahlenschutzbereichen eine gemeinsame Beschaffung von z.B. Schutzkleidungen, Geräten zu überlegen, sowie eine einheitliche Einsatztaktik auf zu stellen. Somit könnten im Ernstfall die viele Strahlenschutzfeuerwehren im Landkreis gemeinsam ihre Schlagkraft verbessern. Diese Anregungen trafen bei Kreisbrandrat Richard Schrank und bei Fachbereichsleiter Gefahrgut Christian Hof auf offene Ohren. Richard Schrank führte in seinem Abschlussgespräch aus, dass er mit Christian Hof einige Themen „Gefahrgut CBRNE-Öl“ in der Zukunft aufnehmen möchte und jeweils mit dem zuständigen Kommandanten ein Gespräch führen will um dann ein einheitliches Gefahrgutkonzept im CBRNE – Öl Bereich aufstellen zu können. Dies wird aber einige Zeit (ca. ein bis zwei Jahre) benötigen. Nach diesen Worten fand eine offene Aussprache zwischen den Fachausbildern und den drei Strahlenschutzfeuerwehren statt. Besonders das hohe Interesse der Teilnehmer fand bei den Fachausbildern größte Anerkennung.


Im Gegenzug fand das hohe fachliche Niveau der Fachausbilder sowie die verständlichen Erklärungen, Handgriffe, Einsatztipps und das extra angefertigte Schulungsprogramm größte Anerkennung. Jeder Teilnehmer bekam von Dr. med. Werner Kirchinger persönlich eine Teilnahmebestätigung ausgehändigt. Mit diesen neuen Informationen und Auffrischungen sind die Teilnehmer für zukünftige Anforderungen (z.B. G7- Gipfel) bestens gerüstet.

Alle Strahlenschutzfeuerwehren sowie die Kreisbrandinspektion Rosenheim bedanken sich herzlich bei Dr. Werner Kirchinger, Bernd Goldschmidt und seinem Team für die Möglichkeit dieser einmaligen Sonderausbildung, die sie in ihrer Freizeit für uns einmalig angeboten haben.


Bericht: Christian Hof,
Fotos: Internetseite Helmholtz Werkfeuerwehr, J. Hundhammer, Ch. Hof

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